Der Leuchtturm der magischen Träume
Annies Mutter liegt im Koma, sie hatte einen Autounfall. Claire lebt seit dem Unfalltod ihrer kleinen Schwester allein mit Maisie in einem abgelegenen Leuchtturm auf Neufundland. Als Annie eines Tages beim Stöbern auf dem Speicher das Gemälde eines Leuchtturms findet, beginnt ein gespenstisches Abenteuer. Denn sie wird durch das Gemälde nach Crooked Head gezogen, um Claire kennenzulernen. Diese hält sie für ihre kleine Schwester, die als Geist zurückgekehrt ist. Aber Annie hatte nie Geschwister und lebt doch mit den Eltern weit weg, in Toronto. Eine Spurensuche beginnt.
Immer abwechselnd berichten Annie und Claire sehr subjektiv von ihren Erlebnissen und nach und nach wird deutlicher, warum die beiden aufeinandertreffen mussten. Es geht vor allem um Schuldzuweisungen und Schuldgefühle, um Trauer, um Angst. Die Sprachlosigkeit, das Schweigen macht alle negativen Gefühle noch schwerer; die Beziehung der Eltern und Kinder ist gestört; ein hilfloses An-einander-Vorbeireden macht Verständnis zwischen den Generationen unmöglich. Die beiden gleichaltrigen Mädchen geben sich Halt, können sich aussprechen, gemeinsam lachen und Nachsicht entwickeln. Indiz für Indiz trägt Annie Informationen zusammen, wie sie, Claire und Maisie miteinander verbunden sind und was ihre, Annies, Rolle bei dieser Zeitreise ist. Und plötzlich können sich Kinder und Erwachsene wieder annähern.
Die Coming-of-Age-Story ist spannend wie ein Krimi, die geisterhaften Elemente passen zum Setting. Und bei all der Tragik der auslösenden Geschehnisse ist die Stimmung des Buches überhaupt nicht düster. Der Leuchtturm, das Meer, die Stürme verursachen eher ein gemütliches Schmökergefühl. Bei all dem hat die Autorin eine wunderbare, äußerst kluge Geschichte so kunstvoll konstruiert, dass am guten und fröhlichen Ende die offenen Fäden verbunden sind und alle Fragen beantwortet.
Und als Bonus gibt es an jedem Kapitelanfang ein Zitat aus Alice im Wunderland oder Alice hinter den Spiegeln, was wiederum Lust macht sich diese Bücher mal wieder vorzuholen.
Info
Text: Charis Cotter
Aus dem Englischen von Dieter Fuchs
Verlag Urachhaus 2024