Anna und die Wut

Anna ist oft wütend, sehr wütend. Dann kratzt und beißt sie, wirft sich auf den Boden und sieht dabei knallrot und furchterregend aus. Wenn was nicht klappt, sie beim Spiel verliert, ausgelacht wird oder weil der Tag sowieso gegen sie ist, dann rastet sie eben aus. Und dabei ist sie auch ungerecht gegen andere oder fies zu sich selbst. Mama und Papa sind hilflos und wissen nicht, wie sie mit Annas Wutanfällen umgehen sollen, Kinder wollen sowieso nicht mit ihr spielen, weil sie das mit einem Pulverfass tun müssten. Anna versucht es mit einer Trinkkur, versucht der Wut aus dem Weg zu gehen und macht irgendwann überhaupt nichts mehr, um der Rage keine Chance zu geben. Aber dann hat Opa eine rettende Idee.
Wieder ein Buch von Christine Nöstlinger in den Händen zu halten, ist wunderbar, hat sie mir doch immer wieder durch die Jahre der Erziehung mit den eigenen Kindern geholfen. Mit viel Verständnis für die Individualist:innen, die Aussteiger:innen, die Sonderlinge haben ihre Bücher meinen Blick geweitet und Gelassenheit angemahnt: Alles wird gut.
Hier ist also Anna wütend und die Autorin hatte recht, man muss die Wut kanalisieren können und die persönliche Ableitung finden. Mein ständig wütender kleiner Bruder ist heute erwachsen und Trommler und Schlagzeuglehrer, als hätten wir schon damals das Buch gelesen.
Die Kinder finden sich hier wieder, die Eltern auch. Über das Buch kann also immer wieder gesprochen werden. Die vielen treffenden Illustrationen unterstreichen und ergänzen die Geschichte, stehen aber auch für sich. Kleinere Lesende können einfach blättern und verstehen und vielleicht ein bisschen wüten. Zu anregend ist Anna in ihrer Verwandlung von einem fröhlichen Mädchen zu einem glutäugigen Monster. Und zum Glück gibt es heutzutage leisere Sticks und schallgedämpfte Schlagzeuge.
Info
Text: Christine Nöstlinger
Illustrationen: Anke Kuhl
Fischer Sauerländer 2025