Wovor haben Monster Angst?
Monster wohnen unter dem Bett, auf dem Himalaya oder kommen vom Mars; sie werden geschaffen oder waren schon immer da. Monster sind die Bösen, die im Märchen besiegt werden müssen, damit die Helden und Heldinnen über sich hinauswachsen können. Monster werden besiegt, nicht integriert.
Das ist die allgemeine Sicht. Guillaume Duprat hat sich in „Wovor haben Monster Angst“ 12 bekannte Wesen vorgenommen, für einen zweiten, anderen Blickwinkel. Wie fühlen sich Monster und warum sind sie böse? Sind sie vielleicht zu Schreckgestalten gemacht worden und brauchen nur ein bisschen liebevolle Unterstützung und emphatische Menschen, die sie verstehen? Können sie in die Gesellschaft aufgenommen werden, weil sie einfach nur anders, eigentlich nur unverstanden sind?
Haptisch ist das Buch eindrucksvoll, es ist großformatig – schließlich sind ja auch Ungeheuer groß – und der Aufbau ist klar strukturiert. Links oben wird das Ungeheuer historisch eingeordnet, der Mythos darunter als Gruselgeschichte kurz umrissen, auf der rechten Seite erscheint dann das Wesen mit einer Klappe, die erlaubt in den Kopf zu schauen und zu lesen, welche Gefühle und Gedanken Frankenstein, die Wyvern, Zerberus oder Polyphem umtreiben. Das ist hübsch gemacht und durchaus überzeugend, warum nicht mal die Monster sprechen lassen. Und die Idee, Andersartigkeit zuzulassen und eine Chance zu geben, ist durchaus hübsch. Unklar ist allerdings, an welche Leserinnenschaft sich das Buch richtet. Für die kleineren Kinder wären die großflächigen Zeichnungen und der „Pop-up“-Effekt interessant, die haben aber Schwierigkeiten mit den kurzen Geschichten ohne positiven Ausgang und der Ichperspektive des Monsters. Den größeren Buchfreundinnen ist die Story nicht ausführlich genug und der Aufschrei zu simpel.
Ein schönes Buch für die Bücherleiste an der Wand, aber kein Werk, das zum wiederholten Stöbern einlädt.
Info:
Guillaume Duprat: Wovor haben Monster Angst
Übersetzt von: Lisa Wegener
Knesebeck Verlag, 32 Seiten, 2020
Ab 6 Jahren