Mitternacht in Charlbury House

Mitternacht in Charlbury House

Evi wird zu ihrer unbekannten Patentante ins Nirgendwo nach Highfield verfrachtet, während Evis Mutter Flitterwochen in Venedig macht. Diese Patentante wohnt in einem alten Herrenhaus im Chaos, „kocht nicht oft“ und hat als forensische Anthropologin auch noch Schädel in den Zimmern verteilt. Von funktionierendem WLAN keine Rede. Evi will nur noch zurück in die Stadt, muss aber wenigstens eine Nacht im Gästezimmer überstehen, weil kein Zug mehr geht. Als um Mitternacht eine weißgekleidete junge Frau an ihrem Fenster erscheint und klagend um Hilfe bittet, glaubt Evi zuerst an einen Albtraum. Als sie aber 1814 als Dienstmädchen in Charlbury House landet, wird ihr klar: Die Patentante ist ihr geringstes Problem. Zurück in die Jetztzeit kann sie nur, wenn sie in die Geschehnisse eingreift und Sophia Fanes Schicksal umlenkt.

Helen Peters‘ „Mitternacht in Charlbury House“ ist keine Regency-Spukgeschichte, auch wenn Zeit und Setting es vermuten lassen. Mit den Geistererscheinungen ist es schon vorbei, wenn die Hauptfigur in der Vergangenheit angekommen ist. Die Sprache ist modern, die 13-jährige Icherzählerin kommentiert alle Widrigkeiten mit flapsiger Selbstironie, was die Geschichte vergnüglich und lesbar macht. Schließlich sind verwöhnte Mädchen des 21. Jahrhunderts mit Bettpfannen nicht vertraut. Dem Alltag der Hausmädchen wird viel literarischer Raum gelassen, die sozialen Gefälle sind immens; Hierarchien existieren innerhalb des Haushalts, aber auch innerhalb der Familie. Es geht um die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern, um Reichtum und Armut, Vorurteile und Aberglaube. Das Buch bietet einen interessanten historischen Blick auf die Verhältnisse in einem Herrenhaus, aber nicht nur. Spannend ist auch, dem Familiengeheimnis auf die Spur zu kommen: zu lesen, wie Sophias Leben 1814 letztendlich mit Evis verwoben ist.

Info:
Autorin: Helen Peters

Übersetzerin: Cornelia Panzacchi
Verlag: Thienemann 2020
Für Jugendliche ab 12


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