14 Minuten gelogene Wahrheit
Jack ist tot, Elise hat ihn erschossen. Und Remy, die ihren Freund sterbend im Arm gehalten hat, kann sich an die letzten 14 Minuten nicht erinnern.
In Rückblenden erfährt die Leserin, viel über Freundschaften, psychische und physische Misshandlungen, über Abhängigkeiten und krankhafte Beziehungen. Das Buch ist mehr Psychogramm als Thriller, mehr Milieu-Studie als Krimi, ganz sicher auch ein Coming-of-Age-Roman. Remy hat am Ende neue Einsichten gewonnen, wenn sie sich ändert, beeinflusst das auch ihr Umfeld. Gut geschrieben und aus der Sicht der Ich-Perspektive spannend erzählt, bedient sich das Buch der Jugendsprache, ohne sich anzubiedern. Interessant sind die Reflektionen der Erzählerin Remy, langsam nähert sie sich über ihre eigene Trauer den verdrängten Erinnerungen an, die schon lange vor der Tat auf eine Katastrophe hinwiesen. Plausibel sind die Charakterstudien der Hauptakteurinnen Elise, die sich selbst als jugendliche Rache-Heldin im Sinne von „Beatrix Kiddo“ (Kill Bill) sieht, und Remy, die sich von der Elektrizität ihrer Freundin faszinieren lässt, aber zu schwach ist, die Reißleine zu ziehen, bevor es zur Eskalation kommt.
Es bleibt die Frage der Altersempfehlung. Durchaus leicht zu lesen, bleibt es schwerer Stoff, der sehr psychologisierend aufbereitet ist. Der Verlag schreibt vierzehn, wir sagen: leseerfahrene 14-Jährige bis Ältere und Erwachsene.
„14 Minuten gelogene Wahrheit“ ist ein eindrucksvolles Debut der jungen Amerikanerin Sarah Lyu, das Lust auf mehr macht.
Info:
Sarah Lyu: 14 Minuten gelogene Wahrheit
Übersetzt von Sandra Knuffinke, Jessika Komina
Magellan Verlag, 2020, 400 Seiten
Ab 14 und älter