Spielen macht Kinder stark
Kinder wollen und sollen spielen, von Anfang an. Um ihre Umwelt kennenzulernen, Erfahrungen zu sammeln, allein, mit anderen, mit dem ganzen Körper und mit allen Sinnen. Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit, das Beste für Kinder und elementares Wissen aller Eltern und Pädagoginnen.
Christiane Kutik weiß allerdings, wovon sie schreibt, als Mutter, Erzieherin, Coach für private Erziehende und pädagogische Fachkräfte. Der Ratgeber ist klar gegliedert, liest sich gut und schnell, geht auf viele Themen ein, die plausibel erklärt und ausgeführt werden. Die Autorin beginnt mit den Babys, zeigt deren natürliches Bedürfnis, sich zu bewegen, nachzuahmen, ihr Entdeckerfreude und ihr Bedürfnis nach Eigenaktivität. Dabei führt sie aus, wie wichtig die Rolle der Eltern ist, da zu sein, ohne ständig zu überwachen – sie spricht überzeugend von der „Elternsonne“. Auch die Kitakinder wollen spielen, vor allem wollen sie aber das elterliche Tun kopieren, „spielhelfen“ in vielen Variationen. Vertrauen und kindlicher Freiraum sind besonders wichtig, eben „elternfreie“ Zonen. Sie bringt auch Beispiele aus ihrem Alltag und gibt Verhaltenshilfestellung. Eltern wird hier keine komplizierte Pädagogik abverlangt, sondern sie fordert zwischenmenschlichen Respekt, auch den Kindern gegenüber. Die Spielvorschläge sind nützlich, die Kapitel zu Spielmaterial und Spielsachen sind hilfreich und nachvollziehbar. „Weniger ist eben doch mehr“, eigentlich wäre ein Downgraden des Konsums sinnvoll. Draußen reichen Bälle, Stöcke, Blätter und was sonst zu finden ist. Schneckenrennen haben z. B. schon Generationen mit viel Freude initiiert. Mir bekannte Grundschulkinder hatten vor Jahrzehnten schon die Schnecken mit einem winzigen Nagellackpunkt versehen und sie im nächsten Jahr voller Begeisterung wiederentdeckt. Auch die Beispiele zu den Ritterspielen habe ich schon oft zitiert – allerdings gegendert.
Und damit komme ich zum irritierenden Teil des Buches. Denn seltsam überholt und nicht zeitgemäß wirken die vielen Buchseiten zu „Buben“, auch wenn die Einleitung sich um Verständnis bemüht: „Was besonders Jungs brauchen“ und „Buben wollen stark sein und beim Spielen auch mal laut sein dürfen“ und dass sie mit Puppen spielen können „und trotzdem zu kraftvollen Männern“ heranreifen. Sollte hier jetzt nicht auf Individuen eingegangen werden, ohne auf das Geschlecht abzuzielen?
Info
Christiane Kutik
Verlag Freies Geistesleben
Neuausgabe (2., überarbeitete und erweiterte Auflage) 2021