Radieschen von unten

Radieschen von unten

„Das bunte Buch über den Tod für neugierige Kinder“ (und Erwachsene ergänzt die Rezensentin), ist ein pralles, allumfassendes und sehr lustiges (Sach-)Buch über ein Thema, das die meisten Menschen eher traurig stimmt.

Gleich auf den ersten Seiten finden wir unzählige Alternativen zum Wort „sterben“ (mein persönlicher Favorit ist „sich den Holzpyjama überziehen“). Und so vielfältig wie die Begriffe, sind auch die Themen. Hier findet jeder und jede eine sachgemäße Antwort auf alle Fragen zum Thema Tod, so professionell wie amüsant. Fünf große Bereiche „Wenn das Leben aufhört“, „Wie geht sterben“, „Beerdigen“, „Trauern“ und „Mit den Toten leben“ werden mit vielen Unterkapiteln präzisiert. Es gibt informative Interviews: So erzählt Tobi von seiner Arbeit im Altenheim; Martin ist Bestatter und berichtet, welche Spezialausbildung er hat; Anja arbeitet als Trauerbegleiterin und tröstet; Pfarrerin Cäcilie lindert auch Leid und beerdigt die Toten. Ergänzt werden die Bereiche mit Comics, Zeichnungen, Bastelanleitungen, Witzen, Unterweisungen, Hilfestellungen usw. usw.

Schon die wundervollen Zeichnungen, die Skelette und blaugrünen oder blassen Leichen, Bilder zu „woran Menschen sterben“, der Zeitstrahl ( eine meiner Lieblingsseiten), verführen zum Dauergrinsen. Die Kinder lieben das Buch und nehmen es sich auch ohne Anlass (toter Vogel oder Meerschweinchen, Friedhofsspaziergang, Beerdigung o. ä.) aus dem Regal, vor allem, um die außergewöhnlichen, superwitzigen Bilder zum Thema anzuschauen. Der zehnjährige Buchtroll weiß, auf welcher Doppelseite der Vampir und die Zombies zu finden sind und bepfeift sich immer wieder und wieder über die vielen Witze. (Nach dem zehnten Mal ist „Treffen sich zwei Vampire. Sagt der eine. … nicht mehr ganz so lustig, aber ich bin ja auch nicht mehr 10). Buchtrollin 3 (8 Jahre) war fassungslos vor Begeisterung, als sie die Bastelseite mit Kopiervorlage für ein „Särglein“ entdeckt – nun hat Draculaura aus Disneys „Monster High“ endlich einen angemessenen Schlafplatz. Und die beiden kleineren Buchtrolle, 4 und 2 Jahre, haben auf einem ehemaligen Friedhof ein altes Kindergrab entdeckt und sich über das Foto auf der Grabplatte und den Tonbären gewundert. Und ja, es wird im Buch auch auf den plötzlichen Kindstod eingegangen.

Wir können uns zudem viele Gedanken machen: im Kapitel „Eine Beerdigung – viele Entscheidungen. Ein ausführlicher Fragebogen hilft den erwachsenen Lesenden, eine Beerdigung für die verstorbene Person würdig und passend zu machen oder schon mal in die eigene Zukunft zu denken. Welche Art der Beerdigung möchte ich, welcher Religion/Kultur fühle ich mich eigentlich zugehörig? Sollen die Trauernden schwarze Kleidung tragen? Wen würde ich einladen? Welche Musik möchte ich verfügen oder bevorzuge ich Stille? Würde ich mich als Leiche im Sarg schmücken wollen? Und schon jetzt Cola und Chips beim Leichenschmaus anregen? Nein, denn derzeit bin ich bei Spaghetti Puttanesca und Ahoi-Brause-Eis.

In einem Anhang werden noch „wichtige Wörter“ erklärt, die für Kinder und Erwachsene spannend sind: Gruft, Leichengift, Beinhaus, Stille Beisetzung, Palliativ-Station, Überführung usw. usw. Es bleibt keine Frage offen. „Radieschen von unten“ sollte in jedem Haushalt sein, generationenübergreifend, und in den Pfarrhäusern, in den Schulen, einfach überall ausliegen. Die Kleineren können über den Zeichnungen brüten, die Größeren Kinder Witze lesen und und im Buch stöbern und die Erwachsenen finden sinnvolle Anregungen und Hinweise zum Thema Tod und Beerdigung.

Text: Katharina von der Gathen
Illustrationen: Anke Kuhl
Klett Kinderbuch 2023


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