Amy und die geheime Bibliothek

Amy und die geheime Bibliothek

Amys Eltern sind ständig gestresst, ihre kleinen Schwestern tanzen ihr auf der Nase rum und so ist ihr einziger Rückzugsort die Schulbibliothek. Lieber liest Amy über Rebell:innen, als selber mal laut die Meinung zu sagen. Bis plötzlich ihr Lieblingsbuch aus der Bücherei verschwunden ist, weil eine besorgte Mutter über den Schulausschuss das Buch für schädlich und für Grundschüler ungeeignet erklärt hat. Als immer mehr Lesestoff aus den Regalen verbannt wird, muss Amy sich etwas einfallen lassen. Mit zwei Freund:innen gründet sie die Geheime Schließfach-Bibliothek.

In Deutschland noch kein Thema (hier wird eher der Inhalt „modernisiert“) wird anhand einer netten Geschichte exemplarisch geschildert, was passiert, wenn in den USA Zensur geübt wird – wie es der Autor selbst erfahren hat, als die Harry-Potter-Reihe auf der Blacklist auf Platz 48 gelandet war.

Die Hauptfigur erzählt aus der Ich-Perspektive über ihre Gefühle, über ihre Freundschaften, Pläne und Schachzüge. Nach und nach lernt das introvertierte Kind, für sich und seine Interessen einzustehen, die Geschichte hat auch Coming-of-Age-Momente. Wundervoll ist die Szene, wo sie und ihre Freundin Rebecca – zukünftige Anwältin – und Danny mit den perfekt sitzenden Haaren sich für jedes Buch in der Bibliothek einen Verbannungsstempel einfallen lassen, um das Absurde der Aktion herauszustreichen. Das Rätselbuch frustiert, wenn Rätsel nicht gelöst werden können: verbannt. Magie ist okkult oder satanisch, damit sind u. a. verbannt der Zauberer von Oz und die Chroniken von Narnia. Gesundheitssachbücher streifen auch Krankheiten, das ist zu beunruhigend für Kinder; ein Geschichtsbuch über den Amerikanischen Bürgerkrieg kann als gewalttätig empfunden werden, alles verbannt. Jedes Buch trägt etwas Gefährliches in sich, irgendein Grund findet sich immer … vielleicht sind Hase und Maus im Bilderbuch schwul und damit antifamiliär.

Der Autor mahnt die Erwachsenen, sich für freies Lesen einzusetzen, denn Lesen leitet, und das ist wichtig, auch zum kritischen Denken an.

Das Buch fordert zum Dialog und zum Nachdenken auf und ist für Schulbibliotheken (und Leseratten) wichtige Lektüre, vielleicht aber vor allem für erwachsene Leser:innen interessant, zur weiterführenden Recherche und als Anregung, noch unbekannte Kinderliteratur oder -klassiker zu entdecken.

Info
Autor: Alan Gratz
Übersetzung: Meritxell Janina Piel
Hanser Verlag 2020


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